Pathognostik - Jacques Lacan

In den Texten von Rudolf Heinz werden Aspekte der Psychoanalyse Lacans »tropologisiert«, d.h. pathognostisch anverwandelt. So z. B. der Zusammenhang von Trauma und Phantasma oder die paranoische Struktur des Ichs.

Ausgangspunkt einer pathognostischen »Tropologisierung« ist Lacans Satz »Das Trauma provoziert das Phantasma, und das Phantasma schirmt das Trauma ab« (wahrscheinlich gibt es diesen Satz in den Schriften Lacans aber nicht – statt dessen allerdings: "Das Reale stützt das Phantasma, das Phantasma beschützt das Reale."). RH tropologisiert den Satz so: "Die menschliche Sterblichkeit, der – vorgestellte – Tod, generiert den Gottesbegriff, die schiere Absolutheit, und diese deckt, defensiv epikalyptisch, den allerschütternden Mortalitätsausgang ab." (PIV II, 19) Allerdings ist sich RH nicht sicher, Lacans Intention entsprochen zu haben: "Nun bin ich mir aber garnicht sicher, ob Lacan diese meine tropologische Ausbuchtung mitumfaßt, oder, womöglich kritisch, nicht. Doch das interessiert, gelegentlich, mich nur noch wenig – Hauptsache nämlich, daß solche verwendungsprobaten Sinneröffnungen passieren: geschehen und, bleibend, vorübergehen." (PIV II, 19)

Lacans Unterscheidungen des Symbolischen, des Imaginären, des Realen werden so »tropologisiert«: Das Symbolische ist die Sperre zwischen Signifikant und Signifikat als Repräsentation, das »ungetrennt und unvereint«. Das Imaginäre ist das Scheitern der symbolischen Ordnung, das »Auseinanderdriften« von Signifikant und Signifikat. Das Reale ist die "Abgesperrtheit des Signifikats von seiner Signifikation" (PGS X, 35).

Trotz aller Versuche, Anschlüsse an die Konzeption Lacans zu finden, bekennt RH, dass ihm die Lacansche Theorie "nicht besonders liegt", sie sei zu wenig praxisvermittelt, philosophienah und abgehoben (PGS X, 33).

Anschlüsse

Jacques Lacan, Das Ich in der Theorie Freuds und in der Technik der Psychoanalyse. Das Seminar Buch II, 414:

"Die symbolische Ordnung wird verworfen von der libidinösen Ordnung, die den gesamten Bereich des Imaginären umfaßt, einschließlich der Struktur des Ich. Und der Todestrieb ist nur die Maske der symbolischen Ordnung, insofern – Freud schreibt es – sie stumm ist, das heißt, insofern sie sich nicht realisiert hat. Solange die symbolische Anerkennung sich nicht hergestellt hat, ist die symbolische Ordnung per definitionem stumm."

In der symbolischen Ordnung drückt sich der Todestrieb aus, weil Sprache Negativität, Vernichtung der Unmittelbarkeit ist. Die symbolische Ordnung ist der Parasit des Menschen, bringt ihn aus seinem Gleichgewicht, beraubt ihn seiner Identität, lässt ihn in den symbolischen Strukturen verschwinden.

Für den späten Lacan verkörpert der Todestrieb die mögliche Zerstörung der symbolischen Ordnung, der die Schöpfung aus dem Nichts entspricht. Diese Möglichkeit ist der symbolischen Ordung inhärent, eine ihr zugehörige Leere und innere Distanz zu ihr selbst.